Überall hört man derzeit von ihnen, den Faszien! Aber was sind Faszien eigentlich? Welche Funktion haben sie und warum ist ihre Gesundheit so wichtig für uns? Personal Trainerin Isabelle Blaich gibt euch die Antworten auf diese Fragen und erzählt von ihrer »Faszination Faszien«.
Meine ersten Schritte in die faszinierende Welt der Faszien machte ich 2010 mit einer Faszienbehandlung, die mich endlich von meiner steifen Schulter erlöste. Bis dahin war mir das Wort FASZIEN überhaupt kein Begriff. Die spannende Suche nach mehr Informationen auf diesem sehr jungen Forschungsgebiet begann.
Was sind »Faszien« eigentlich?
Zu den Faszien (lat. »fascia« = Band/Bündel) zählen in der Osteopathie alle Bänder, Sehnen, Gelenk- und Organkapseln, Muskelhüllen, aber auch die feinen Hüllen um Nervenstränge und Blutgefäße. In der Schulmedizin werden nur einige, wenige Strukturen im Körper als Faszien bezeichnet, beispielsweise die »fascia lata« am äußeren Oberschenkelrand oder an der Fußsohle unsere »fascia plantaris«.
Das lange als reiner Füllstoff abgestempelte Material wird auch heute noch im Anatomieunterricht von Medizinstudenten entfernt, um freie Sicht auf das Wichtigste (Muskeln, Organe etc.) zu haben. Zwar beschäftigten sich schon in den 20er und 50er Jahren berühmte Körpertherapeuten wie Ida Rolf, Thomas Hanna und Moshé Feldenkrais mit dem Thema Faszien, doch erst 2007 wurde ihre Bedeutung erstmals auf dem ersten deutschen Faszienkongress vorgestellt. Seitdem ist die Forschung auf diesem Gebiet in vollem Gange. Trotzdem können wir nur von einem sehr kleinen Einblick in das unglaubliche Universum unseres Körpernetzes sprechen. Dinge die heute bewiesen sind, können in ein paar Jahren längst überholt sein.
Welche Funktion haben Faszien?
Heute wissen wir, dass dem Bindegewebe eine weitaus wichtigere Rolle zukommt als bisher vermutet. Es scheint als zusammenhängendes Flüßigkeits- und Kommunikationssystem ebenso wichtig für unsere Gesundheit wie das Nerven- und Gefäßsystem.
1. Verbindung & Spannung
Wie der Name schon sagt, verbinden unsere Faszien alle Strukturen in unserem Körper miteinander. Siehe das Tensegritiy Modell (s. Abb.) von Buckminster Fuller (»tension« = Zugspannung / »integrity« = Einheit):
Stabile Strukturen (unsere Knochen), sind mit flexiblen Strukturen (Bänder, Sehnen, Gelenkskapseln) über Zugspannung beweglich miteinander verbunden. Ändert sich die Zugspannung an einem Ende der Struktur, so hat dies Auswirkung auf alle anderen Ebenen (Kettenreaktion).
Diese Erkenntnis ist nicht zuletzt wichtig für alle Therapeuten, wenn Sie den Auslöser chronischen Verspannungen oder Schmerzen suchen und behandeln wollen. Nicht immer liegt im Schmerzbereich auch die Ursache – Das große Ganze muss betrachtet werden.
2. Stoffwechsel & Flüssigkeitshaushalt – Der innere Ozean
Unsere Faszien bestehen zu einem sehr hohen Anteil aus flüssigen Bestandteilen und Wasser. Dem französische Mediziner Dr. Jean- Claude Guimberteau gelangen unglaubliche Aufnahmen am lebenden, menschlichen Körper. Diese zeigen die Faszien als lebendiges Flüssigkeitssystem, welches in seiner Funktion von guten Flüssigkeitseigenschaften abhängig ist.
3. Körperwahrnehmung & Kommunikation – Faszien, unser 6. Sinn
Die Forschergruppe um Dr. Robert Schleip zeigte kürzlich an der Universität Ulm, dass unser Fasziensystem weitaus mehr Druck-, Vibrations- und Stellungsrezeptoren enthält als alle Gelenkkapseln. Bisher wurde angenommen, dass die Stellung unseres Körpers nur über die Rezeptoren in der Gelenkkapsel wahrgenommen wird.
Alle Gefäße sowie die Nervenfasern des peripheren und autonomen Nervensystems durchziehen das Bindegewebe und versorgen unsere Zellen. Kein Gefäß dockt direkt an die Zelle an – Kommunikation und Austausch passieren über die Grundsubstanz (Matrix) der Faszien.
Verändert dich die Gewebszusammensetzung (flüssige Bestandteile verfestigen sich) durch belastende Faktoren von außen, so wird unsere Körperwahrnehmung und die interne Kommunikation gestört.
Was sind die Folgen unserer Alltagsbelastungen auf die Faszien?
Verspannungen und ungünstige Gelenkstellungen entstehen. Schmerz wird vom Körper als Warnsignal ausgelöst – ACHTUNG. Hier stimmt etwas nicht! Das Verletzungsrisiko in Sport & Alltag steigt.
»Das tägliche Leben wirkt dehydrierend.«
Gesundes Gewebe funktioniert wie ein Schwamm. Wird Druck oder Zug ausgeübt, wird die Flüssigkeit herausgepresst – bei Entlastung saugt es sich voll mit Flüssigkeit aus der Umgebung.
Störung des faszialen Gleichgewichts durch:
- Fehlernährung
- Fehlhaltung & einseitige Belastung
- Traumata (Verletzungen, Unfälle, Stöße, OPs etc.)
- Entzündungen
- Erschöpfung
- Stress
Wie halte ich meine Faszien gesund und fit?
- Auf eine ausgewogene Ernährung achten – Proteine und Kollagen sind neben Flüssigkeit wichtigster Bestandteil. Vitamin C unterstützt die Kollagensynthese, Proteine sind die Bausteine für unsere Bindegewebszellen.
- Ausreichend Wasser trinken (ca. 3% unsere Körpergewichtes) – das unterstützt den Flüssigkeitshaushalt und Stoffwechsel unseres Bindegewebes.
- Bewegung bewusst genießen und ausführen, monotone Wiederholungsbewegungen meiden – Vorsicht auch in der Sportwahl: nur Radfahren, Schwimmen etc. verkleben ebenfalls das Gewebe.
- Regelmäßige Regenerationspausen einlegen, ein Basenbad nehmen und unsere Faszien gezielt trainieren.
Verabschieden und zum Nachdenken anregen möchte ich mich heute von Euch mit einem immer noch sehr aktuellen Zitat von Thomas Hanna (1928 – 1990, Körpertherapeut und Mitentwickler der funktionalen Körpertherapie):
»Der Mangel an Selbstgewahrsein in Bezug auf den eigenen Körper ist das entscheidende Gesundheitsproblem in modernen Gesellschaften.« Thomas Hanna
Über die Grundlagen des Faszientrainings und praktische Übungen berichte ich Euch in meinem nächsten Beitrag. Wer direkt mit dem Training loslegen möchte, der kann das Montags mit mir im Kurs tun.
Lasst es Euch gut gehen, bis bald und bleibt geschmeidig.
Eure Isabelle von Yoathlete.com
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